Die Mindestlöhne in der Gastronomie und Hotellerie sind auf das neue Jahr hin ganz minim gestiegen. Für die meisten Arbeitgeber:innen bzw. Arbeitnehmer:innen ist dieser Umstand irrelevant, weil die vereinbarten Löhne über dem Mindestlohn liegen. Aber es kann halt schon vorkommen, dass der vereinbarte Lohn nun nicht mehr mit dem Mindestlohn übereinstimmt. Und da stellt sich die Frage, welcher Lohn gilt dann?
Nun, Mindestlöhne wären keine Mindestlöhne, wenn sie nicht geltend würden; auch wenn im Vertrag ein tieferer Lohn vereinbart ist. Ab dem 1.1.2022 gelten somit die neuen Mindestlöhne nach Art. 10 L-GAV automatisch. Es braucht keinen neuen Arbeitsvertrag.
Einige Arbeitgeber:innen werden die neuen Mindestlöhne nicht auf dem Radar haben. Sie machen ja auch nur die CHF 5 bis CHF 10 pro Monat aus. Für Mitarbeitende, die bis jetzt schon nur den Mindestlohn erhalten haben, stellt sich deshalb die Frage, ob sie etwas unternehmen müssen, damit sie den höheren Lohn erhalten. Wer die zusätzlichen Franken Ende Januar auf der Bank haben möchte, muss logischerweise die Vorgesetzten auf den höheren Mindestlohn ansprechen und die Erwartung formulieren, dass dieser ausbezahlt wird.
Aber auch wer nichts unternimmt, hat trotzdem die Erhöhung des Mindestlohnes zu Gute. Denn es handelt sich dabei um eine Forderung aus Arbeitsrecht, welche nach Art. 128 OR erst nach fünf Jahren verjährt. Man kann also noch einige Jahre später rückwirkend die Nachzahlung der Lohndifferenz verlangen.
Einordung in Lohnkategorie ist nicht ganz so einfach
Der L-GAV sieht im Art. 10 verschiedene Lohnkategorien vor. Je nach Aus- und Weiterbildung werden die Mitarbeitenden in eine der Kategorien eingereiht und müssen mindestens den entsprechenden Lohn verdienen. Nur ist die Einordung sehr schwierig und selten ohne Blick auf den Kommentar zu diesem Artikel 10 eruierbar. Wer bspw. in der Küche arbeitet, aber ursprünglich im Servicefach gelernt hat, der gilt als Mitarbeiter ohne Berufslehre (Mindestlohn 3’477). Wer hingegen Koch gelernt hat und dann im Service arbeitet, gilt als Mitarbeiter mit EFZ (Mindestlohn CHF 4’203). Oder wer bspw. die Hotelfachschule absolviert hat, aber keine Grundausbildung in der Gastronomie hat, der soll nach Auskunft der Kontrollstelle zum L-GAV auch in der tiefsten Lohnkategorie landen. Seine Kollegin aber, welche im Restaurationsfach gelernt hat, landet mit der höheren Fachprüfung einer Hotelfachschule in der Lohnkategorie III b mit einem Mindestlohn von neu CHF 4’304.
Da es derzeit für Arbeitgeber:innen schwierig ist, gutes Personal rekrutieren zu können, werden wohl mehrheitlich höhere als die Mindestlöhne verhandelt. Trotzdem macht es für Arbeitgeber:innen von Zeit zu Zeit Sinn, alle Mitarbeitenden darauf zu prüfen, ob sie nicht nur bezüglich ihrer Funktion, sondern auch vor dem Hintergrund ihrer Ausbildung richtig eingereiht sind. So vermeidet man im Falle einer L-GAV-Kontrolle unangenehme Situationen.