Die Gastronomie und Hotellerie kämpft ausgeprägter als die meisten anderen Branchen um Fachkräfte. Corona hat die Situation nun derart verschärft, dass Betriebe und Verbände handeln wollen. Weil angesichts der knappen Margé wenig Spielraum für höhere Löhne besteht, müssen andere Ideen her. Eine solche ist die 4-Tage-Woche.
Die 4-Tage-Woche wird langsam aber sicher aktuell. Allerdings verstehen nicht alle dasselbe darunter: Die eine Variante bedeutet tatsächlich eine erhebliche Arbeitszeitreduktion pro Woche, die andere hingegen vier lange Arbeitstage, so dass man trotzdem auf die Regelarbeitszeit kommt. Letztere ist das, was auch für die Gastronomie diskutiert wird (siehe NZZ vom 26.12.21 oder htr).
Die Absolventen der SHL hören es im Arbeitsrechtsunterricht schon lange: Mit langen Arbeitstagen kann man mehr freie Tage gewähren und die Mitarbeitenden arbeiten trotzdem ihre 42-Stunden-Woche. Ist man noch so klug und nimmt diese so generierten freien Tage zusammen, haben die Mitarbeitenden das Gefühl, sehr viel mehr freie Zeit zu haben. Und das macht den Betrieb attraktiv.
Vorgaben des Arbeitsgesetzes
Allerdings sind bei der Planung einer 4-Tage-Woche die Vorgaben des Arbeitsgesetzes zu beachten. Die theoretisch maximale Arbeitszeit pro Tag kann unter Beachtung der Pausen bis auf 13 Stunden hoch gehen. Das ist allerdings unrealistisch und auch nicht nötig. Es reicht, wenn man Arbeitstage mit 10 bis 11 Stunden plant (4 x 10.5 = 42). Es gelten folgende Regeln:
- Ruhezeit in der Nacht muss eingehalten werden: 11 Stunden im Anschluss an das Arbeitsende am Vorabend, wobei die Ruhezeit einmal pro Woche auf 8 Stunden reduziert werden darf – was bspw. bei Schichtwechsel Sinn machen kann.
- Die tägliche Arbeitszeit muss innerhalb von 14 Stunden liegen. Wer morgens um 8 Uhr beginnt, muss spätestens um 22 Uhr den Betrieb verlassen haben – und zwar egal, wie lange eine allfällige Zimmerstunde war.
- Zieht man die freien Tage zusammen, muss beachtet werden, dass in gewissen Wochen die Höchstarbeitszeit von 50 Stunden nicht überschritten wird. Zudem muss ein Ruhetag pro Woche immer gegeben werden.
- Pausen müssen eingehalten werden (Art. 15 ArG und Art. 18 ArGV1)
- Es muss Nachtarbeit vermieden werden, weil dann die tägliche Arbeitszeit im Regelfall nicht mehr als 9 Stunden betragen darf.
Weil das Korsett des Arbeitsgesetzes doch recht eng ist, eignet sich die Einführung der 4-Tage-Woche nicht für alle Betriebe. Jeder Betrieb kann aber zwischendurch mal lange Arbeitstage planen und die so entstehenden Überstunden dann kompensieren lassen, wenn es für die Mitarbeitenden einen echten Mehrwert hat.
Lohn ist für Arbeitszeit, nicht für möglichst wenig Freizeit
Im Zusammenhang mit der 4-Tage-Woche müssen einzelne Vorgesetzte noch davon Abstand nehmen, dass ein «zu viel» an Ruhetagen etwas schlechtes sei. Das Gegenteil ist der Fall, je mehr Ruhetage der Mitarbeiter bezieht, umso tiefer die Gefahr, dass Ruhetageentschädigung bezahlt werden muss. Und dem Arbeitgeber kann es letztlich egal sein, in welcher Zeit der Mitarbeiter seine 42-Stunden-Woche arbeitet. Er kriegt ja seinen Lohn für die Arbeit und nicht für möglichst wenig Freizeit.